Ich arbeite schon garnicht mehr im Restaurant! Momentan bin ich mit meinen Eltern in der Toskana und mache einfach mal garnichts. Inzwischen ist es mir schon ein bisschen zu viel garnichts. Ich merke, dass mir die Umstellung, von „eigentlich nur arbeiten“ auf „eigentlich nichts tun“ ziemlich schwer fällt. Braucht wahrscheinlich noch ein bisschen Zeit. Aber auch deshalb setze ich mich mal wieder an meinen Computer und schreibe einen Blogpost, den vorerst letzten, der meine Zeit in Lucca beschreibt.
In den vergangenen Wochen hatte ich wenig Lust zu schreiben. Ich hatte eher das Gefühl, ganz da sein zu wollen in Lucca, meine übrige Zeit ganz mit den Leuten dort zu genießen. Alle Eindrücke aufzusaugen und mich nicht alleine vor den PC zu setzen. Ich hatte zwischendurch auch nochmal Besuch von zwei Freunden aus Berlin, die ungefähr 5 Tage geblieben sind. Ich habe zwischendurch immer wieder gearbeitet, aber wir hatten eine sehr, sehr schöne Zeit zusammen. Waren gemeinsam am Meer, in Lucca unterwegs, in meinem Restaurant essen und in meiner Lieblingsbar. Ich wollte ja unbedingt meine Lieblingsplätzchen zeigen!
Im Restaurant haben wir ziemlich viel gearbeitet, besonders in meiner letzten Woche, der ersten Oktoberwoche, habe ich fast täglich 12h gearbeitet. Von 10.30-16.00 und von 18.00-24:00. Das war viel, aber es hat einfach so viel Spaß gemacht mit meinen italienischen Kollegen. Jeden Abend haben wir zusammen Feierabend gemacht. Haben entweder vor dem Restaurant oder in einer Bar zusammen getrunken und die letzten warmen Tage genossen.
Meine Eltern sind schon Ende Oktober in Italien angekommen und waren einen Abend in Lucca zu Besuch. Wir waren auch zusammen in meinem Restaurant essen und wurden ganz süß umsorgt. Erstmal gab es ein Sektchen und dann haben wir uns einmal quer durch die Karte gefuttert. Das meine ich tatsächlich so, wie ich es schreibe. Ich habe am darauffolgenden Abend eigentlich immer noch keinen Hunger gehabt. Aber es hat sich gelohnt. Die Küche ist einfach fantastisch, jedes mal wieder.
Nun sind wir, wie gesagt, in der Toskana. Ich bin faul und denke viel darüber nach, was in Berlin so auf mich zukommen wird. Wir gehen lecker essen, haben ein fantastischen, einfaches Restaurant in der Nähe gefunden, spielen Skat und genießen eine wundervolle Aussicht auf die Chiantiberge… momentan leider mit sehr schlechtem Wetter. Ich mach mir mal mehr, mal weniger Sorgen, aber das, was eigentlich im Vordergrund steht, wenn ich an die Zukunft denke, ist die wahnsinnig große Vorfreude auf meine Heimat, meine Familie, meine Freunde und mein ganz bekanntes Berlin. Meine Lieblingsrestaurants, -cafes und meine –bars, mein Schöneberg, mein Steglitz. Die ganz andere Atmosphäre. Ich werde Italien extrem vermissen, das ist sicher. Vor allem die Leute aus dem Restaurant. Aber so langsam fühlt es sich danach an, dass ich „nach Hause“ kommen kann. Obwohl ich ganz genau weiß, dass ich ganz schnell wieder kommen werde!
Bevor ich Anfang November in den Flieger nach Berlin steige, mache ich aber noch einen Abschlussurlaub mit meiner lieben Freundin Steffi. Wir fahren höchstwahrscheinlich erstmal mit dem Bus nach Neapel, dann mit einem Mietwagen Richtung Apulien. Schnell in den Süden! Die Toskana wird nämlich ganz schön kalt, es sind so um die 15 Grad. Für mein momentan relativ italienisches Temperaturempfinden ist das absolut zu kalt (Angst vorm Berliner Wetter!). In den letzten Tagen hat es einfach immer nur geregnet. Auf diesen Abschluss meiner Italienzeit freue ich mich schon wahnsinnig doll. Davor fahren wir mit meinen Eltern aber noch einmal nach Lucca. Wir feiern meinen Geburtstag! Meine Eltern fliegen dann nach Hause, Steffi und ich bleiben noch ein paar Tage in Lucca und dann geht’s los. Deshalb habe ich mich von meinen Leuten auch noch nicht verabschiedet, dem bin ich bisher noch aus dem Weg gegangen. Das wird ziemlich traurig…
Ich möchte euch noch ein bisschen über meine sprachlichen Entwicklungen aufklären. Es hat sich glücklicherweise einiges verändert, ist immer noch in Veränderung: Mein italienisch wird immer besser, das ist keine Frage, aber von flüssigem Sprechen bin ich noch relativ weit entfernt. Eine kurze Beschreibung von meinem Prozess:
Phase 1: Anfangs habe ich wenig gesagt, weil ich lange darüber nachgedacht habe, wie ich meine Sätze formuliere. In der konkreten Situation war ich meistens so aufgeregt, dass ich alles wieder vergessen hatte…
Phase 2: Später habe ich immer noch lange über meine Formulierungen nachgedacht, war allerdings weniger aufgeregt und konnte mich dadurch besser artikulieren. Die Italiener haben mich teilweise trotzdem nicht verstanden und darüber hab ich mich sehr gewundert…
Phase 3: Ich habe gecheckt, dass schon die Veränderung von einem Buchstaben in einem Wort zu Unverständnis führen kann und mich darüber geärgert „Die sollen sich nicht so anstellen, ich gebe hier doch mein Bestes!“ Aber zu ihrer Verteidigung: Wenn dir jemand irgendwas erzählt und ständig irgendwelche sinnlosen Buchstaben in den Wörtern auftauchen, irritiert das schon… Hab ich dann auch verstanden.
Phase 4: Ich habe mir meinen Satz überlegt, ihn gesprochen und ich wurde verstanden!
Phase 5: Ich versuchte mich spontan an komplexeren Satzkonstruktionen und die Schleife des Unverständnisses ging wieder von vorne los… Ahhahaaaaa.
Phase 6: Inzwischen habe ich verstanden, dass einfach drauflosreden noch nicht so richtig gut funktioniert. Bei einfachen Satzkonstruktionen schon, ein bisschen Smalltalk hier, eine Bestellung da. Wenn ich aber irgendetwas Komplexeres erklären will, muss ich einfach erstmal über die Formulierungen nachdenken. Wenn ich das mache, werde ich auch verstanden! Whooopwhoooop!
Beim Zuhören sah es anders aus:
Phase 1: Ich habe NUR Bahnhof verstanden oft einfach nur nett bzw. dumm gegrinst und nicht immer nachgefragt, wenn ich was verstanden habe à es kam zu etlichen Missverständnissen, die besonders bei der Arbeit deutlich wurden.
Phase 2: Ich habe mehr nachgefragt à weniger Missverständnisse
Phase 3: Ich habe mehr verstanden und immer noch mehr nachgefragt à gute Kombination!
Das ist ganz schön schwierig gewesen, weil ich mich einfach ziemlich doof gefühlt habe. Und ich fühle mich sehr ungerne doof… Immer nachfragen zu müssen, hat mich Überwindung gekostet und das mache ich auch immer noch nicht bei jeder Unklarheit. Aber ich denke immer wieder daran, dass ich eine ganz neue Sprache lerne und ich hoffentlich bald mal in der Lage bin diese auch flüssiger zu sprechen. Die Leute hier können ja meistens nur ihre Muttersprache. Protokoll für mich: Ich fühle mich also teilweise blöd, bin aber dabei mehr zu lernen, bilde mich weiter, was mich dann weniger doof fühlen lässt. Tadaaa, gut, oder?
Meine Leute aus dem Restaurant haben mir dabei wahnsinnig geholfen. Die waren auch immer an neuen deutschen und auch englischen Vokabeln interessiert. Ich habe eine Vokabelliste für sie eingeführt. Mit deutschen Begriffen, die im Restaurant wichtig sind, aber auch vielen anderen Formulierungen, die dann etwas umgangssprachlicher waren.
Tja, soweit erstmal. Ich melde mich nochmal zur Reise, wenn ich wieder in Berlin angekommen bin. Zur Zukunft dieses Blogs möchte ich noch sagen, dass es hier bald mit Rezepten weiter geht. Ich lasse mich hier viel inspirieren und versuche meine Lieblingsgerichte in Deutschland nach zukochen und dann hier mit euch zu teilen.
Bis dahin, liebste Grüße von Ronja